Bekanntlich verehre ich Steven Wilson als eines der größten musikalischen Genies der Gegenwart. Obgleich ich seine letzten beiden Platten im Ladenregal stehen lassen habe. "Harmony Codex" (2023) war mir alles in allem zu experimentell, zu komplex ... da wußte ich echt nicht mehr, wo der Künstler eigentlich hin will und über "The Future Bites" (2021) als reines Pop-Album brauchen wir gar nicht reden. Ich war also mächtig gespannt, als ein neues Wilson Album angekündigt wurde. Als ich dann noch erfuhr, dass es um den Weltraum und menschliche Perspektiven dazu gehen würde, und das das Album genau zwei 20-minütige Longtracks haben sollte, war für mich klar: Da kann gar nichts schief gehen! Die Vorbestellung war nur noch Formsache, mittlerweile recht untypisch für mich. Gestern ist "The Overview" offiziell erschienen - ich habe das Album am Donnerstagabend über DHL erhalten - und direkt am selben Abend noch zwei zweimal komplett durchlaufen lassen, was auch mittlerweile recht untypisch für mich ist.
Wer allerdings bei "The Overview" eine Progressive-Rock-Kanone erwartet wird abermals enttäuscht werden. In der Tat hatte auch ich mit dem ersten Song "The Outlive us" so meine Startschwierigkeiten. ... Dagegen hat mich der Titelsong "The Overview" direkt abgeholt. Die monotone und nüchterne Aufzählung von Maßen und Ihren Relationen von Entfernungen zu bekannten Objekten im Weltraum, mit Hall hinterlegt, schafft eine Vorstellung der Unvorstellbarkeit der Weite des Alls. ... und die weiterführende textliche Verknüpfung von menschlichen, individuell mehr oder weniger entscheidenden, Alltagsdingen auf der Erde (frühstücken, in die Schule gehen, Job verlieren, sich mit der Frau streiten u.s.w.) zu diversen kosmischen Ereignissen kommt einfach großartig. Stilistisch bewegen wir uns in einer recht großen Bandbreite zwischen Prog, experimentellem Neo-Kraut, Rock, Pop und, und, und ... . Zunächst konnte ich diverse Ankündigungen, Steven Wilson würde zu seinen Wurzeln zurückkehren, nicht nach vollziehen. Inzwischen sehe ich aber sehr wohl die musikalischen Anleihen in seiner gesamten Diskographie, sowohl in seinen Schaffensphasen bei Porcupine Tree, als auch solo. Man lege einfach mal "The Sy Moves Sideways", "Metanoia", oder "The Raven ..." daneben. Aber es ist eben kein Schritt zurück, sondern Steven Wilson nutzt hier die volle Bandbreite seiner musikalischen Genialität, um Neues zu erschaffen.
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