Das Album dieser Woche muss man musikalisch wohl als völlig un-ambitioniert bezeichnen. Zumindest tue ich das. Album wie auch Künstler polarisieren total ... und das macht's für mich schon wieder sehr interessant! Neulich bin ich von Tante Trude aus Buxtehude gebeten worden, mein schlechtestes Album auf zu legen. Ohne zu zögern ging mein Griff zu "Barrett". Das hätte aber eben so gut das zweite Solo-Album von Syd Barrett "The Madcap Laughs" sein können. Beide Alben halte ich eigentlich für unwürdig jemals veröffentlicht worden zu sein. Die Kompositionen und Texte sind, bis auf wenige Ausnahmen, völlig trivial, die Arrangements total simpel, die Produktion total unprofessionell. Syd Barrett selbst kann die Töne nicht halten und bei einigen Songs ist der Takt in der Partitur (wenn es je eine gegeben hat) wohl nur eine höfliche Empfehlung gewesen.
Warum liegt das Album trotzdem alle halben Jahre mal wieder auf meinem Dreher? Zunächst fasziniert mich der Kult, der um die Person Syd Barrett gemacht wird. Eine Menge Leute halten Syd Barrett für das eigentliche musikalische Genie, welches hinter den frühen musikalischen Jahren von Pink Floyd steht. Warum tun die das? Das versuche ich immer mal wieder nach zu vollziehen. Seit ich mich für Musik interessiere (also quasi seit ich lebe ;-) ) spielt Pink Floyd bei mir eine ganz zentrale Rolle. Selbst zu meinen völlig intoleranten Spät-80ern habe ich regelmäßig Pink Floyd gehört. Aber um die ganz frühen Alben habe ich immer einen großen Bogen gemacht. "Ummugumma" hatte ich über dreißig Jahre quasi ungehört im Schrank stehen. "The Piper At the Gates Of Dawn" und "A Sauceful Of Secrets" habe ich mir erst in den letzten Jahren zu gelegt. Ebenso wie bei diesen Alben stellt sich auch bei "Barrett" ständig die Frage "Ist das Kunst, oder kann das weg?". Dieses Spannungsfeld zwischen Genie und Wahnsinn, sozusagen das Grenzfeld zum völlig "unhörbaren", macht es für mich aus. Für die frühen Floyd-Alben ist das Thema für mich mittlerweile eindeutig geklärt. ... und für "Barrett"? Wahrscheinlich brauche ich dafür nochmal 30 Jahre ...
Ein weiterer höchst faszinierender Fakt: Bei kaum einem anderen Album, ist es für das Hörerlebnis so entscheidend, auf welchem Plattenspieler die Scheibe liegt. Wenn das Album auf einem modernen Magnetsystem alla Audio Technica gespielt wird, klingt das echt schlimm. Läuft die Platte aber beispielsweise auf dem alten Kristall-System meines Kurt Ehrlich-Excellent, ist das eine ganz andere Nummer. Haltet mich für verrückt, aber es ist so ... und paßt irgendwie zur gespaltenen Persönlichkeit von Syd Barrett.
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