24 Dezember 2024

Ulla van Daelen - "Mandala" (2020)

Heiligabend 2024 - der Tradition folgend darf es für die Weihnachtswoche durchaus mal ein Klassisches Album für die Wochennominierung sein. Wobei dies für das vorliegende Album allenfalls für die Instrumentierung gilt, wenn man die Harfe als klassisches Instrument ansehen möchte. Für mich entdeckt habe ich Ulla Van Daelen und ihr Album "Mandala" als ich das Album "Borderline" von Anne Clark zu hören bekam. Hier hat Anne Clark ihren für sie typischen poetischen Sprechgesang mit klassischer Violine und Harfe kombiniert. ... und die Harfe hat eben jene Ulla van Daelen gespielt, für deren Werk ich mich plötzlich zu interessieren begann. Das war in diesem Sommer.  Inzwischen weiß ich, dass Ulla van Daelen eine sehr renomierte deutsche Harfenistin ist, die mittlerweile 14 eigene Alben veröffentlicht und an zahlreichen weiteren mitgewirkt hat. Ich muss allerdings gestehen, dass ich mich bisher nur mit "Borderline" und "Mandala" beschäftigt habe. "Mandala" enthält vorwiegend eigenen Kompositionen, aber auch neuarangierte Stücke wie beispielsweise  das speziell mit Solo-Harfe eingespielte "Tubular Bells" von Mike Oldfield. Thematisch geht es vorwiegend um Natur, aber auch Irische Folklore und celtisch-mystische Klänge. Die sehr locker luftige Art des Harfenspiels entspannt und erdet mich total, regt gleichzeitig die Phantasie an und ist extrem kurzweilig. 

Das Album selbst scheint es nur als Hybrid-SACD (Super Audio Compact Disk) von Stockfisch Records, einem auf audiophile Produktionen spezialisiertes Lable zu geben. Vinyl scheidet also diesmal aus. Eben wo ich diese Zeilen schreibe bestelle ich mir fix mal die "Mandala" und die "Borderline" auch. (Falls der Weihnachtsmann heute keine Geschenke für mich bringt, ist das Fest vorab schon mal gerettet. ;-))


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19 Dezember 2024

Karthago - "Senkiföldjén" (1984)

Urlaub ist etwas Herrliches! ... insbesondere dann, wenn die Kinder alle in der Schule sind und die Frau außer Haus im Weihnachtsbesorgungsstress ist. Zeit, um mal durch den Plattenschrank zu fräsen und wirklich auch mal in der letzten hintere Ecke zu schauen, was da noch so rum steht. ... und dann auch mal wieder sehr ungewöhnliches Zeug aufzulegen, wo ich selbst nicht mehr so recht weiß, was das eigentlich ist und wie sich das anhört. So geschehen heute, heraus gekramt habe ich Karthago. Eine ungarische Band, die im Ostblock damals durchaus unter dem Etikett Heavy Metal gehandelt wurde. ... und da ich damals alles gekauft habe, was mir in dieser Richtung in die Finger kam, erklärt das auch, dass ich zwei Platten von Karthago im Schrank habe. Freilich, würde ich Karthago heute nicht mehr den Stempel von Heavy Metal aufdrücken, selbst wenn sie hier und da auch mal recht harte Gitarrensaiten anschlagen. Wahrscheinlich würde es heute eine Mischung zwischen Classic- und Progressive Rock ganz gut treffen. Jedenfalls kannte ich weder die Platten, noch die Songs und selbst Karthago als Band kannte ich nur dem Namen nach. Es waren also Wundertüten, die ich alsbald auch als Fehlkauf abtat. Klar, als frisch gebackener Motörhead-, Venom- und Slayer-Jünger war das was Karthago machten viel zu soft, elektronisch weich gespült und hatte mit dem Metal den ich mochte nicht die Bohne zu tun. Obendrein singt Karthago in Landessprache, ... und ungarisch ist als Sprache für eingängige Rockmusik mal zumindest gewöhnungsbedürftig. Aus heutiger Sicht darf ich allerdings sagen, ungarisch ist auch nicht schlimmer als isländisch (siehe Solstafir). Ich weiß gar nicht, ob ich diese beiden Platten vor dem heutigen Tag jemals durch gehört habe. Auf jeden Fall hatte ich sie bestimmt zwanzig Jahre nicht in der Hand. Wie sich heute herausstellt, habe ich diese Platten über die Jahrzehnte völlig zu unrecht so unterbewertet. Wie bei so vielen Dingen hat die Zeit meiner Toleranzschwelle sehr gut getan. Das was ich heute zu hören bekam, war durchaus beeindruckend vielfältig, musikalisch auf Topp-Niveau. Klar, ungarisch ist immer noch recht ungewohnt, aber spätestens nach dem zweiten Song liegt der Fokus tatsächlich auf der Musik und die ist durchaus bemerkenswert. 

Nun habe ich hier die ganze Zeit von zwei Platten gesprochen, die ich auch beide hätte zum Album der Woche erklären können. Zum einen habe ich das selbstbetitelte Debüt "Karthago" von 1981 und zum anderen eben "Senkiföldjen" , das vierte Studioalbum von 1984. Während "Karthago" doch sehr häufig mit diversen Orgelläufen ala Jon Lord und Gitarrensoli ala Richie Blackmore noch sehr an Deep Purples Rockzeremonien erinnert, ist man bei "Senkiföldjen" schon wesentlich spezieller zu Werke gegangen. Neben den typischen dumpfen E-Schlagzeug-Hall-Klängen der Mid-80er verwendeten Karthago ausgefeilte Synthesizersound-Strukturen, teilweise der 80er Pop-Musik entlehnt und spielen sehr abwechlungsreich damit, ohne ihre Rock-Intentionen zu vernachlässigen. Das gibt dem Ganzen doch einen sehr progressiven Touch. Sehr klar, dass ich damals mit diesem Album nichts anfangen konnte. Vierzig Jahre später sieht die Welt ganz anders aus ...


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13 Dezember 2024

Karat - "10 Jahre - Auf dem Weg zu Euch / Live" (1985)

Die LP dieser Woche ist mir vorgestern beim Waschen in die Hände gefallen. Ja... ich habe die ersten Tage meines Weihnachtsurlaubs gleich mal sinnvoll genutzt und einige meiner Schätzchen einer gründlichen Reinigung unterzogen. .... und dabei natürlich auch gleich wieder angehört. 

Über Karats Platz in der deutschen Rock-Geschichte braucht man nun wirklich keine Worte verlieren. Karat kannte ich bereits als Grundschulkind. "Über sieben Brücken" war damals in der 2. oder 3. Klasse eines meiner absoluten Lieblingslieder. Mit meinem Freund Jan habe ich im Schulhort den Refrain des Liedes solange "gesungen" bis eine Erzieherin kam und uns das verboten hat, weil alle anderen Kinder im Hort völlig genervt waren. Mit fortschreitendem Eintritt ins Jugendalter und der Entwicklung zum Metalhead verlor ich allerdings das Interesse an Karat wie auch an vielen anderen Bands aus meiner frühen Kindheit. Wobei ich sie nie so ganz aus den Augen verloren habe. Sie waren ja auch wirklich gut! Wahrscheinlich ist so auch zu erklären, dass ich mir mit Erscheinen 1985 diese Live-LP zugelegt habe. So oft habe ich sie damals freilich nicht gehört, aber ich bin sehr froh sie heute zu haben. Übrigens habe ich dieser Tage bei Amazon ein Re-Issue dieses Doppelalbums für sage und schreibe 35,-€ als rotes/blaues Vinyl gesehen. Ich habe damals 16,10 Mark der DDR dafür bezahlt. Viele Jahre gab es dieses Album gar nicht als Neupressung. 

Das Live-Album "Auf dem Weg zu Euch" ist ein wunderbares Zeitdokument. Zum Einen enthält es alle wesentlichen Hits der Band und zwar in den Live-Fassungen viel dynamischer und druckvoller als die jeweiligen Studio-Produktionen. Zum Anderen ist das Album mit diesem typischen Hall der 1980er produziert. Der Einsatz von E-Schlagzeug und Synties ist absolut typisch für diese Zeit. Die Musik ist soundtechnisch spitzenmäßig in Szene gesetzt. Leider ist der Gesang sehr grenzwertig mit dem Hall überlagert, so dass die Texte manchmal nur schwer zu verstehen sind. Sehr unglücklich bei einer deutschsprachigen Platte! Demgegenüber wirken die Applausszenen des Publikums eher aufgesetzt und plump eingespielt. Aber das war damals eben so, wie gesagt: Wir reden hier von Aufnahmen, die vor vierzig Jahren gemacht wurden. ... und bei den Songs "Albatros" und "Schwanenkönig" bekomme ich immer noch Gänsehaut und Pippi in den Augen. 

Für mich hat damals auch tatsächlich die Geschichte von Karat aufgehört. Die Wende- und Nachwendeveröffentlichungen der Band habe ich nicht mitbekommen und auch nicht "nachgearbeitet". Zwischendurch gab es Streitereien um Titel- und Namensrechte. 2004 verstarb der Sänger Herbert Dreilich. Seit dem singt sein Sohn Cornelius Dreilich. Das ist aber eben nicht dasselbe ... und gerade wenn Cornelius die alten Hits von seinem Vater intoniert, kann ich mir das gar nicht anhören. Nicht das der Cornelius das schlecht machen würde, aber das ist als ob man Motörhead-Songs von jemandem anderes als Lemmy Kilmister singen lassen würde. 


Das Album gibt's mal wieder nicht auf Spotify und auf Youtube wäre zwar eine mitgeschnittene Version verfügbar, aber der verwendete Plattenspieler arbeitet nicht mit der passenden Geschwindigkeit. Jedenfalls ist das unhörbar und ich verlinke es nicht. Ansonsten gibt's auf Ebay oder einschlägigen Plattenbörsen immer mal wieder bezahlbare Exemplare. 

07 Dezember 2024

John Lennon & Plastic Ono Band - "Shaved Fish" (1975 / AMIGA-Release 1983)

Wie natürlich jeder geneigte Musikliebhaber und Notenversteher weiß, jährt sich John Lennons Todestag am 8. Dezember zum 44-zigsten Mal. John Lennon wurde am 8.12.1980 im Alter von 40 Jahren vor seinem Apartment am New-Yorker Dakota Building erschossen. Soweit - so schrecklich. Ich erinnere mich sehr genau an den Tag (oder vielleicht einen Tag später) als mich die Nachricht im Radio erreichte. Obgleich ich erst 10 Jahre alt war, kannte ich bereits die Beatles und wusste recht genau, wer John Lennon war. Für mich war die Nachricht recht schwer greifbar, aber mein Vater war total entsetzt. Auf meine Fragen, warum wohl jemand einen so beliebten Musiker umbringt, folgten wilde Spekulationen hinsichtlich politischer Motive. Fakt ist: John Lennon war eine der schillernsten, streitbarsten, musikalisch einflussreichsten und damit auch populärsten Persönlichkeiten der Musikgeschichte. Als solche hat er natürlich verschiedene Aktionen im Hinblick auf Umweltschutz, Friedensbewegung, gegen Rassismus, Unterdrückung und Ausbeutung initiiert, die einigen Leuten des damaligen Establishments schwer im Magen gelegen haben dürften.  ... aber lassen wir einfach mal die offizielle Geschichtsversion vom verwirrten Fan so stehen. 

Jedenfalls hat John Lennon mich definitiv musikalisch geprägt. Nicht nur, dass das Blaue Album der Beatles (zumindest die erste Hälfte davon als AMIGA-Spezial-Veröffentlichung) meine erste selbst gekaufte Platte war, sondern auch die "Shaved Fish" besitze ich seit mindestens 1983 oder ´84 und auch die "Double Fantasy" nenne ich seit jener Zeit mein Eigen. Letztere habe ich übrigens mal einem Schulfreund bzw. seiner Schwester abgekauft oder ertauscht. Deshalb ist das Platten-Lable meines Exemplares auch mit den Initialen B.W. der Vorbesitzerin signiert. John Lennons musikalische Vielfälltigkeit war für mich immer höchst faszinierend. Das Spektrum reicht lupenreinem Rock'n Roll über seichte Baladen und Pop-ähnlichen Arangements bis zu avangardistisch-musikalisch unhörbaren Experimenten. 

Mit "Shaved Fish" veröffentlichte John Lennon 1975 seine erste Compilation, die sein musikalisches Solo-Schaffen nach dem Bruch der Beatles sehr schön dokumentiert. Auch wenn ich normalerweise kein Fan von Greatest-Hits-Alben bin, so muss ich hier tatsächslich eine Ausnahme machen. Mit "Shaved Fish" bekommt man zunächst mal alles was man zum Einstieg braucht. Die Songauswahl ist perfekt! Gestartet wird mit einer der populärsten Friedenshymne schlechthin "Give Peace A Chance", die ich persönlich überhaupt nicht mag. (Die AMIGA-Pressung enthält im Gegensatz zum Original-Release hier die vollständige Single Fassung und nicht die zusammengekürzte.) Weiter geht es dann mit "Cold Turkey". Aus meiner Sicht, gibt es keine bessere musikalische Umsetzung eines "Kalten Entzuges". Ganz große Kunst! ... und einer meiner absoluten Lieblingssongs   ... und "Instan Karma!" ... und "Power To To The People" ... und ... und "Mind Games" ... und "Imagine" ... und ... und ... und ... 

... mit diesen Gedanken habe ich gestern bei einer kleinen privaten Hearing Session (heißt ich war allein im Keller) meinen Kurt-Ehrlich-Plattenspieler (den "Roten Bomber", wie Tante Trude ihn liebevoll  nennt) angeworfen und diese Platte laufen lassen. 

Bei Spotify kann leider nur eine entsprechende Playlist angehört werden. Das Album selbst gibt es da nicht. 


30 November 2024

Yogi Lang - "No Decoder" (2010)

Das Album dieser Woche ist mir wieder einfach so beim Stöbern zum Hören in die Hände gefallen. Ich habe es seit einiger Zeit als CD im Schrank stehen, höre es durchaus regelmäßig und finde es jedes Mal wieder großartig. 

Hinter Jürgen "Yogi" Lang verbirgt sich der Keyboarder und Sänger der deutschen Prog-Rocker von RPWL, der hier auf Solo-Pfaden wandelt. Die musikalische Nähe zu den späten Pink Floyd ist auch hier nicht zu überhören. Das stört aber insofern nicht, als das Yogi Lang seine ganz eigene Methode gefunden hat, mit seiner stimmlichen Ähnlichkeit zu David Gilmour umzugehen. ... und wenn man denn schon einen Vergleich zulassen möchte, und mal Gilmours neuestes Meisterwerk "Luck and Strange" als Referenz zuläßt, dann braucht sich Yogi Langs "No Decoder" dahinter nicht zu verstecken. ... und so liebe ich es als das was es ist: Ein Stück sehr genialer Musik.

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23 November 2024

Opeth - "Damnation" (2003)

Gestern ist das neue Opeth-Album "The Last Will and Testament" erschienen. Das ich von Opeth-Alben nicht immer nur begeistert bin, hatte ich hier schon mal erwähnt. Allerdings bewegen die sich auf einem derart hohen musikalischen Niveau, dass ich zumindest immer sehr neugierig bin. ... und spätestens nach diesem "Live At Red Rocks Amphitheater" ist das Eis auch bei mir gebrochen. Für "The Last Will and Testament" werde ich allerdings noch ein paar weitere Durchläufe brauchen, bis es mich mitnehmen könnte. Dieses Album ist ein unheimliches Brett und verkörpert alles wovor ich bei Opeth immer Angst hatte;  nämlich, dass Opeth ihr progressives Halbton-Gefrickele mal mit früher sehr häufigen Death-Growlings kombinieren würden. ... und genau das ist jetzt passiert. Wie gesagt: Um diesen Brocken zu verdauen, werde ich noch einige Zeit brauchen. Allerdings hat mich Spotify anschließend ohne Umwege zu "Damnation" geführt. Natürlich kannte ich das Album schon, aber wahrscheinlich war ich vor 20 Jahren mit Erscheinen und auch später nicht reif genug, es für mich zu verinnerlichen Jedenfalls haben mich die ersten Takte von dem hervorragenden Opener "Windowpane" jetzt sofort gepackt und mit dem darauf folgenden "In My Time of Need", meinem Lieblingssong von Opeth, nicht mehr los gelassen. Bei "In My Time of Need" bekomme ich immer Gänsehaut und Pippi in den Augen, so schön ist der Song. ... und der Rest der Platte irgendwie auch .... und so ist für "Damnation" eben auch eine Nominierung zum "Album der Woche" gerechtfertigt. 


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16 November 2024

The Allan Parsons Project - "Eye In The Sky" (1982)

 In dieser Woche gibt's mal wieder ein Album, welches fast in jedem Haushalt zu finden ist. Beim Auswählen bin ich schlichtweg bei A wie Allan Parsons hängen geblieben. Tolles Disco-Fox-Album aus den 1980er Jahren! Man fühlt sich gleich in die Zeit der eigenen Tanzschule zurück versetzt ;-). Allerdings ist das auch ein Grund, warum in der Regel für mich immer nur ein Allan Parsons Album am Stück geht. Das ändert natürlich nichts daran, dass Allan Parsons insbesondere die Pop- und Rockmusik der 1970er und1980er, teilweise solo sogar noch der 1990er Jahre, maßgeblich mit geprägt hat. Selbst wenn man wegen des Bandnamens dazu neigt, darf aber auch Eric Woolfson als Partner im Duo The Allan Parsons Project nicht vergessen werden. Insbesondere der poppige Touch einiger Veröffentlichungen geht wohl auf das Konto von Woolfson, der allerdings 2009 schon verstorben ist. 

"Eye In The Sky" ist für mich eines der unbeschwertesten und eingängigsten Alben von The Allan Parsons Project. Während bei vielen der anderen Veröffentlichungen immer ein großes, umfassendes Konzept aufdringlich im Vordergrund steht (z. B. bei "Tales Of Mystery and Imagination" oder "Gaudi"), ist dies hier - wenn es überhaupt eins gibt - sehr im Hintergrund gehalten. Prinzipiell geht es bei "Eye In The Sky" wohl um das große Thema der umfassenden Überwachung. Aber man kann das Thema eben auch mal locker ausblenden und sich ganz der großartigen Musik hingeben. ... 

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09 November 2024

Rogér Fahkr - "Fine Anyway" (2021)

Das Album dieser Woche ist auch in dieser Woche in meinen Platten-Schrank gewandert, sprich: es ist mit DHL gekommen. Bestellbar war es ausschließlich über Bandcamp, was schon mal Einiges darüber aussagt, dass es sich nicht unbedingt um eine Mainstreamveröffentlichung handelt. "Fine Anyway" ist ein aufregend unspektakuläres Akustikalbum von einem weitgehend unbekannten libanesischen Musiker, namens Rogér Fahkr. Dieser wuchs in den 1960er und 70er Jahren in Beirut auf und begann auch dort zu musizieren. Auch wenn man es heute kaum glaubt, aber Libanon war mal ein sehr fortschrittliches Land mit Zugang zu interkulturellen Einflüssen. So ist sicherlich auch zu erklären, dass man "Fine Anyway" nicht sofort nach Libanon verorten würde. Einflüsse von Blues, Country, Funk und Soul sind den sehr sparsam instrumentierten Songs anzuhören. Die Lieder sind hauptsächlich in englisch interpretiert. Vereinzelt werden aber auch orientalisch inspirierte Songs selbstverständlich in der landestypischen Sprache intoniert. Sehr vielfältig und sehr schön. Ein weiterer Reiz dieser Platte macht die smarte Unvollkommenheit aus. Das Album wurde wegen sehr knapper Resourcen 1977 in einer Tag- und Nachtsession eingespielt, ohne große Möglichkeiten irgendwas an den Aufnahmen zu korrigieren. Das ist Musik in Reinform! Nur Live gehts noch authentischer. Und so ist diese Aufnahme natürlich auch bestens geeignet für ein so unvollkommenes Abspielmedium wie Vinyl. Das rauscht, knackt und leiert eben mal, wie das live und spontan einfach so ist ... und steht so im krassen Gegensatz zu den heute so glatt gelutschten Perfektproduktionen. ... und tatsächlich fühlt sich die Platte auf meinem Bang & Olufsen,  von 1982 am wohlsten, ohne irgendwelche Equies oder sonstigen Firlefanz. 

Sehr interessant ist auch die Art und Weise der Veröffentlichung. Zunächst wurde "Fine Anyway" in einer Auflage von 200 Kopien als Musikkassette verlegt. ... und ging da vermutlich auch sang- und klanglos unter. Das Re-Release verdanken wir einem Label namens Habibi Funk, welches alte Aufnahmen unter Lizenz der Künstler selbst veröffentlicht und diesem mindestens 50% der Einnahmen zu schanzt. Sowas mag ich, sowas kaufe ich und sowas nominiere ich auch zum Album der Woche!


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01 November 2024

Roger Waters - "The Pros & Cons Of New York - The Classic 1985 Broadcast" (2017)

In dieser Woche bin ich nochmal bei einer "inoffiziellen Veröffentlichung" gelandet, die bei mir schon recht lange im Schrank steht, ohne sie eigentlich ausreichend gewürdigt zu haben. Dies hoffe ich heute nachholen zu können. Damals, muss also um 2017 gewesen sein, habe ich das Teil gekauft, gehört und im Schrank verschwinden lassen. Wahrscheinlich lag es daran, dass ich noch nicht reif für die, doch recht ansprechenden Interpretationen der Floydklassiker war.  

Das Doppel-CD-Set setzt sich zusammen aus Live-Mitschnitten der 1985er USA-Tour. Auf der ersten CD befinden sich ausschließlich Pink Floyd-Songs. Auf der zweiten CD spielt Roger Waters sein Konzept-Album "The Pros and Cons Of Hitch Hiking". Zum Einen habe ich wohl damals die unglaublich gute Soundqualität der Aufnahmen völlig ignoriert und zum Anderen habe ich die neuen Floyd-Interpretationen  als völlig verhunzt und überflüssig wahrgenommen. Diesbezüglich muss ich mich heute grundlegend korrigieren. Letztlich ist es tatsächlich ein Verdienst von Roger Waters, hier Floyd-Klassiker, die man sich über die Jahre manchmal doch etwas leid gehört hat, mal anders - eben interessant - vermittelt zu bekommen. Hier hat Roger Waters also bereits 1985 begonnen, seine Werke in einer Art Retrospektive neu aufzulegen. Was ich zunächst als eine Art schlechten Aufguss verstanden habe, entpuppt sich über weite Strecken einfach als genial. Dieses Konzept verfolgt Roger Waters ja gerade in letzter Zeit beispielsweise mit "The Lockdown Sessions" und "The Dark Side Of The Moon Redux" sehr konsequent weiter. Polarisierend - versteht sich! Wenn man an dieser Stelle ehrlich ist, sind die frühen Pink Floyd-Werke ja alle über unterschiedlichste Versionen, Improvisationen und Interpretationen entstanden und erst später ausgereift veröffentlicht worden. Hier werden die Meisterwerke eben auch nach der Veröffentlichung lediglich weiterentwickelt. Von daher verstehe ich die ganze Aufregung um die Neuveröffentlichungen nicht. ... Hmm naja ...  auch ich hatte ja zunächst diese CDs im Schrank verschwinden lassen, bin aber mittlerweile sehr glücklich, sie wieder entdeckt zu haben.  

Da dies eine "inoffizielle Veröffentlichung" ist, gibt es die auf Spotify leider nicht zum rein hören. Über Amazon oder Discogs ist sie allerdings erhältlich. 

26 Oktober 2024

Melissa Etheridge - Unplugged / Brooklyn Academy of Music, 21st March 1995 (2017, Unofficial Release)

Für das Album dieser Woche ging der Griff mal wieder tief ins CD-Regal. Anders ging das nämlich auch nicht, weil es das Album "Unplugged" von Melissa Etheridge nicht auf Vinyl gibt, ... mehr noch: offiziell gibt es diese Veröffentlichung gar nicht. Es ist ein Bootleg. Dabei ist dieses Album für mich, eines der besten Unplugged-Alben überhaupt, ... zumindest wenn man Unglugged als Musik versteht, der wirklich komplett der Stecker gezogen wurde! Das heißt Melissa Etheridge steht hier tatsächlich komplett allein mit Westerngitarre und ihrer unglaublich kraftvollen Stimme auf der Bühne. ... Allein? Nee nicht so ganz, weil sich zwischendurch auch mal der "Boss" Bruce Springsteen himself die Ehre gibt und mit ihr eines der schönsten Duette der Rockgeschichte in Form seines Songs "Thunder Road" zum Besten gibt. Schon allein wegen dieses Songs lohnt sich die CD. Aber auch die Performance der restlichen Songs ist einfach umwerfend ... so voller Energie, Kraft, Leben und einfach Spaß an der Musik ... und dabei so herrlich unvollkommen, wie eben handgemachte Rock-Musik sein muss!


Wie das mit Bootlegs so ist, gibt's die leider bei Spotify nicht zum Reinhören. Aber von dem Konzert gibt's Videos auf YouTube: hier die Performance von Thunder Road, Like The Way I Do, Ain't It Heavy. 

19 Oktober 2024

The Catch - "25 Years" (1983, 7" Single)

Ausnahmsweise gibt es diesmal eine 7" Single der Woche und kein komplettes Album. Keine Angst! Das wird nicht oft vorkommen. Davon besitze ich nämlich nur relativ wenige, aber seit dieser Woche eben eine mehr. 

"25 Years" war einer der ersten Songs, den ich mit meinem Geracord GC 6020-Kassettenrecorder 1983 aus dem Radio mitgeschnitten habe. (Ich war also gerade 13 geworden). Das Ding kostete 605,- Ost-Mark und verschlang damit damals locker einen normalen Monatslohn in der DDR. Ich plünderte mein gesamtes Erspartes und ging zusätzlich noch regelmäßig Altpapier und Glasflaschen in der Nachbarschaft sammeln, die man an sogenannten SERO-Annahmestellen  gegen Geld abgeben konnte. (SERO steht dabei für Sekundärrohstoffe). Übrigens kostetet eine normale 60 Minuten Fe-Leerkassette 20,- Ost-Mark und eine Cr-Kassette sogar 30,-Ost-Mark. Jedenfalls hatte ich dann sehr schnell die wöchentliche Radio-Hitparade freitags 18:00 Uhr auf Bayern3 für mich entdeckt, um die angesagte Musik aus dem Radio mit zuschneiden. ... und "25 Years" von The Catch war einer der ersten Songs auf meiner einzigen Kassette, die ich zunächst besaß ... und ich fand den Song so cool und dudelte das Lied jede freie Minute (mehr hatte ich ja auch nicht zum Abspielen. (*lach laut*).

The Catch ist ein britisches Duo, welches 1983 von zwei Studiomusikern gegründet wurde und ein typisches One-Hit-Wonder war. ... und das auch nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Im restlichen Teil der Welt blieb das Projekt weitgehend erfolglos. Bereits die B-Seite der Single klingt schon sehr beliebig. 

Jedenfalls habe ich "25 Years"dann vor ca. zwei Wochen seit ewigen Zeiten mal wieder im Radio gehört und brauchte auch einen Moment um zu schnallen, welche Song das überhaupt ist. ... Dann kamen aber die Erinnerungen mit voller Wucht zurück! ... Für mich war sofort klar, dass ich das auf Vinyl brauche. Der Rest ist Ebay-Geschichte. 


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12 Oktober 2024

The Police - "Reggatta De Blanc" (1979)

"Reggattta De Blanc" ist mir in dieser Woche in die Hände gefallen, als ich auf der Suche nach einem richtigen Klassiker war - einem Album, welches praktisch jeder kennt, was quasi jeder hat, welches faktisch jeder mitsingen oder -stampfen kann - zumindest wenn er oder sie aus meiner musikalischen Zeit stammt. Ja ... auf sowas hatte ich mal wieder Bock! 

"Reggatta De Blanc" ist für mich DAS Police-Album schlechthin. Es drückt alles aus wofür The Police musikalisch steht. Es enthält viele der Hits der Band, die auch heute noch im Radio gespielt werden. 

Dabei habe ich The Police auch erst um 1983 wahrgenommen, als ich meinen ersten Kassettenrecorder bekommen hatte und ich ständig mit zwei steifen Fingern vor dem Radio zum Aufnahmen der Songs saß.  The Police mit Frontmann Sting fielen für mich damals etwas aus dem musikalischen Rahmen. Sie machten ihren ganz eigenen avangardistischen Mix und hatten eben nichts mit dem damaligen Synthie-Pop, Disco-Funk, Punk oder klassischem Rock zu tun. Vielmehr brachten sie das Ganze zu einer einzigartigen Symbiose zusammen. ... und das machten sie sehr erfolgreich. The Police gehörten in den 1980ern zu den absolut angesagtesten Bands. Hits wie "Message In the Bottle", "Walking On the Moon" oder "It's Alright For You" schmücken die Playlisten der Radio-Sender in puncto All-Time-Hits bis heute. Das muss man den 1980ern tatsächlich lassen: stilistisch ging da Einiges!

Nach insgesamt fünf Studio-Alben widmeten sich die Bandmitglieder dann ab Mitte der 1980er Jahren ihren Solo-Karrieren und The Police waren hinsichtlich neuem Material Geschichte. Außer von Sting habe ich von niemandem später was gehört. Sting macht bis heute teilweise recht schöne Sachen ... Aber dazu vielleicht mal in einer anderen Woche. 


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05 Oktober 2024

Slomosa - "Tundra Rock" (2024)

Vor ziemlich genau drei Wochen ist dieses zweite Album "Tundra Rock" der norwegischen Band Slomosa erschienen. Seit dem lief es bei mir gefühlt in Dauerschleife über Spotify. Einfach göttlich! Stoner- und Dessert-Rock wie er sein muss! Seit gestern besitze ich auch die entsprechende Hardware dazu, und zwar als limitierte white/marble Edition. Gekauft habe ich diese auf dem gestrigen Konzert der Band im Forum zu Bielefeld. Krasser Abriss! Es hat mich schon sehr erstaunt, welche textsichere Fanbase diese junge Band, bei gerade mal zwei Alben, hier zusammengetrommelt hat. Die Hütte war voll! ... und das lag nicht an dem zweifellos ebenso genialen Support von Psychlona und Greenleaf

Das selbstbetitelte Debüt "Slomosa" hatte ich ja schon im Resümee des diesjährigen Freak Valley Festivals zum Album der Woche im Juni gekürt, und damit zum Ausruck gebracht, welche tiefen musikalischen Spuren Slomosa bei mir schon hinterlassen hatten. Mit dem zweiten Album und ihren bisherigen Liveperformances sind sie nun endgültig in meiner persönlichen Hall of Fame angekommen. 



Slomosa live at Forum Bielefeld 4.10.2024


28 September 2024

rýr - "Transient" (2022)

Zum Album dieser Woche habe ich selbst vor ungefähr einem Jahr mal auf Facebook gepostet: "Ein musikalischer Spaziergang durch Berlin Marzahn (oder meinetwegen auch durch das Chemnitzer Heckert-Gebiet) an einem naß-kalten und trüben Novembermorgen." ... und genau das ist es! Worum es hier gehen soll, verrät schon das Cover. Trostlose Plattenbauarchitektur wird hier mit emotionsloser Kälte wunderbar in Szene gesetzt. Wir steigen mit rýr und "Transient" ganz tief in Post Metal oder meinetwegen auch in Instrumental Doom ab. Bekanntlich mag ich insbesondere Musik, die es schafft, bewegte Bilder in meinem Kopf ablaufen zu lassen ... und das schafft "Transient" mühelos. 


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20 September 2024

The Who - "Live At Leeds" (1970)

Geburtstag! - Während ich normalerweise meine Wahl zum "Album der Woche" eher spontan gestalte, habe ich diesmal bewußt ins Musikjahr 1970 zurückgeblickt und geschaut, welche Veröffentlichung aus meinem Geburtsjahr ,würdig erscheint meinen Jubeltag als "Album der Woche" mit mir zu zelebrieren. Dabei wurde direkt wieder klar, welch großartiger Jahrgang 1970 auch musikalisch eigentlich ist. Neben The Who, haben auch Bands wie The Doors, die Beatles, Pink Floyd und Led Zeppelin großartige Alben veröffentlicht. D. h. ich habe auch in den kommenden Jahren für meine Geburtstagswoche immer genug Stoff für diesen Blog. 

Das Album selbst, habe ich erstmals vor einigen Jahren beim Auto fahren gehört. Da wurde es im Radio in einer Sondersendung besprochen, und für mich war sofort klar, dass ich das unbedingt haben mußte. The Who kenne ich natürlich schon, seit ich begonnen hatte, mich als Jungspunt, für Musik zu interessieren. Das Besondere an "Live At Leeds" ist die coole Live-Atmosphäre, die auf dem gesamten Album rüber kommt und es enthält alle Hits aus der Frühphase der Band, und zwar in besseren, kraftvolleren Versionen als den Studio Aufnahmen. ... 54 Jahre (!!!) alte Power! Rock It!

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14 September 2024

David Gilmour - Luck And Strange (2024)

Das Album dieser Woche besitze ich noch gar nicht. Es ist auch erst vor einer Wochen erschienen. Seit dem verdient Meister Gilmour mal wieder mit Spotify-Streams ordentlich an mir. Das Album läuft gefühlt in Dauerschleife und ich muss sagen, was der Pink-Floyd-Frontmann hier abgeliefert hat, ist wirklich eine Klasse für sich. Das sehe ich offensichtlich nicht alleine so, denn das Album ist direkt in den britischen und deutschen Charts auf Platz 1 eingestiegen. Wo ich beim  Vorgänger "Rattle That Lock" etwas bekrittelt hatte, dass sich David Gilmour zu sehr auf seine Alt-Herren-Rolle zu rück zieht, findet er hier eine perfekte Mischung aus entspanntem Plätschern, astreinem Blues und schneidendem Rock... und er läßt auch seine Gitarre mal wieder von der Leine. Meinen (momentanen) Lieblingssong singt allerdings Gilmour gar nicht selbst, sondern seine Tochter Romany. "Between Two Points" ist einfach ein toller Song, bei dem ich tatsächlich beim ersten Hören den Atem angehalten habe. Häufig geht es schief, wenn Stars ihre Kinder protegieren. Das scheint hier anders zu sein. Romany ist eine sehr sympatische junge Frau und endlich mal jemand aus der Pink-Floyd-Ecke der singen kann! Ich bin neugierig darauf, bald mal mehr von ihr zu hören. Dann vielleicht auch mal eigenes Zeug. Bei den Genen reichts dann sicherlich auch zu einem "Album der Woche".  ;-)


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06 September 2024

Catherine Wheel - "Chrome" (1993)

Da ich meinen halben Plattenschrank bzw. das halbe CD-Rack mit mir als MP3 gerippt auf meinem Handy rum schleppe, kann  ich natürlich auch auf Dienstreise, abends im Hotel, meinem Lieblings-Hobby frönen. So geschehen in dieser Woche. Dabei habe ich mir mal wieder das Album "Chrome" von Catherine Wheel zu Gemüte geführt. Wirklich ein tolles Album! 

Über die VISION hatte ich mich vor einigen Jahren mal etwas Näher mit Shoegaze auseinandergesetzt, jener Musikrichtung die ihren Namen daher hat, dass die Gitarristen beim Spiel ständig ihren Kopf hängen lassen und auf Ihre Schuhe bzw. auf die Effektgeräte darunter starren. Dort war Catherine Wheel als ein typischer Vertreter dieses Genres genannt und mit eben jener Platte "Chrome" vorgestellt worden. Wie das so ist, diese Platte hatte es mir sofort angetan: hammer cool und dabei eben nicht so langweilig beliebig, wie es bei einigen anderen Vertretern des Shoegaze doch hin und wieder der Fall ist. Hier wird der recht coole und entspannte Sound noch durch einen ordentlichen Griff in die Saiten aufgeraut. 

"Chrome" ist das zweite von insgesamt vier Alben, die die Band in den 1990er Jahren in die Welt gesetzt hat. Wobei ich die anderen Alben tatsächlich auch nicht so prall finde. Da es die Band seit Ende der 1990er auch nicht mehr gibt, wird "Chrome" dann wohl auch mein einziges Album dieser Band bleiben. Ansonsten weiß ich von dieser Band auch nicht allzu viel, ... außer dass es Briten sind und der Sänger Rob Dickinson ein Cousin von Bruce Dickinson, dem Iron Maiden Fronter, ist. ... und der Name bezeichnet nicht etwa ein beliebiges Rad irgendeiner Katherina sondern ein mittelalterliches Folterinstrument, das sogenannte Katharinenrad. Der Name geht zurück auf die heilige Katharina von Alexandrien, die als Märtyrerin im Jahre 307 das erste Opfer jenes Richtrades gewesen sein soll.  Nice to know! ... und allemal eine Nominierung zum Album der Woche wert ;-)

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28 August 2024

No-Man - "Schoolyard Ghosts" (2008)

In dieser Woche gibt's hier mal ein richtiges Pop-Album! Am Samstag werde ich anläßlich meines 35-jährigen Abi-Jubiläums in meine Heimat zurückkehren. Alle diese "Schulhofgeister", die man so mit sich rum schleppt, werden beim Klassentreffen zum Leben erwecken. Dieser leichte melancholische Schmerz, der sich einstellt, wenn man in eine längst vergangene - , aber wunderschöne Zeit eintaucht, die ich zwar nicht zurück sehne (oder vielleicht doch ein bißchen?), die aber wunderschön war, und ich mir trotzdem auch sehr bewusst bin, dass diese Zeit nie wieder kommt ... Ja dieser Schmerz, vollgepackt mit süßen Erinnerungen (die blöden sind längst verdrängt und vergessen), sucht ein Ventil! ... und dieses Ventil ist für mich "Schoolyard Ghosts" von No-Man.  

No-Man ist das Zwei-Mann-Projekt von Tim Bowness und Porcupine Tree Mastermind Steven Wilson.  Letztlich bin ich auch über Steven Wilson, den ich ja für eines der größen musikalischen Genies unserer Zeit halte, zu No-Man gekommen. No-Man hat inzwischen einen recht beachtlichen Backkatalog. Wobei mich Tim Bowness' schmalzige Stimme ansonsten nicht so besonders abholt. Bei "Schoolyart Ghosts" ist das anders! Da paßt das perfekt! ... und so schiebe ich die CD in den Player, lasse mich von den schönen Emmotionen überwältigen bis das Pipi an den unteren Augenlidern steht und freue mich auf Samstag.

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24 August 2024

Triptykon - Requiem (Live At Roadburn 2019) (2020)

In dieser Woche war mir wie sterben zumute. Klingt theatralisch, soll es auch, ist aber nicht so ernst gemeint, wie sich's vielleicht anhört. Ich hatte in dieser Woche meine dritte Corona-Infektion. Während die ersten beiden in den Jahren 2020 und 2022 eigentlich kaum der Rede wert waren, hat es mich in dieser Woche richtig derbe auf die Bretter gehauen. Das ist sicherlich immer noch nichts gegen die Fälle, welche im Krankenhaus oder auf dem Friedhof landen. Trotzdem hat es mir ordentlich zugesetzt und die Gedanken an ein Requiem, also eine "Messe für die Verstorbenen" waren nicht fern. Da Musik nun mal das Spiegelbild meiner Stimmungslage ist, landete das "Requiem" von Triptykon, eins, fix, drei im Player. Ich kann nicht behaupten, dass es mir anschließend besser ging, aber wenigstens , war die Messe gelesen. ;-)

Das Konzept, dass Heavy Metal Bands ihre Musik mit Orchester als großen Bahnhof präsentieren, ist spätestens seit Melallicas "S&M" salonfähig. Auch wenn ich mir jetzt den Zorn vieler Metallica-Fans zuziehe, so muß ich trotzdem konstatieren, dass es Metallica überhaupt nicht gelungen ist, dass Potenzial des Orchesters nur ansatzweise auszuschöpfen. Das mag daran liegen, dass Metallica ihre eigenen Songs in einem neuen rock-klassischen Mäntelchen präsentieren wollten und ihren Fans ja nicht zuviel Klassik zumuten wollten. (Das ist reine Mutmaßung meinerseits.)  Triptykon, mithin Mastermind Thomas Gabriel Fischer alias Tom Warrior, ist hier einen anderen Weg gegangen. "Requiem" ist als ganzheitliches Werk zu verstehen und so finden wir lediglich den Opener "Rex Irae" bereits auf dem 1987er Album "Intro The Pandemonium"  von Warriors Vorgängerband Celtic Frost. Alle anderen Teile dieses beeindruckenden Werkes wurden eigens hierfür geschrieben. Das führt dazu, dass Band und Orchester, also klassische Instrumente und Rock-Instrument zu einer Einheit verschmelzen. Bassgitarre und Pauke ergänzen sich wunderbar, dann greifen Schlagzeug und Bläser ein, Streicher, Gitarren und Glockenspiel geben dem Ganzen das volle Volumen. Der sehr spartanisch akzentuierte Gesang, teils sehr monoton eingebracht, mit einer weiblichen Co-Stimme versehen, gibt dem Ganzen dann noch die nötige Getragenheit. 

Für mich ist das "Requiem" von Triptykon ganz klar ein Meisterwerk der gesamten Musikgeschichte, auch wenn es niemals die Popularität erlangen wird, die diesem Werk eigentlich zusteht.  


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16 August 2024

Anne Clark - "Pressure Point" (1985)

Das Album dieser Woche ist ein Mitbringsel aus dem Urlaub, und gleichzeitig wieder ein gutes Beispiel dafür ,wie tief ich eigentlich in meinem Leben hinsichtlich guter Musik geschlafen habe. 

Vorliegende LP habe ich vor zwei Wochen in einem wundervollen Plattenladen in Hindeloopen (NL) am IJsselmeer gekauft. Als musikalisches Kind der 80er kannte ich Anne Clark natürlich. Aber ich hatte sie damals eher als Disco-Queen und Vorläufer der Techno-Musik wahrgenommen. Das war damals überhaupt nicht meine musikalische Baustelle.  Demzufolge war mein Sicht- und Hörfeld auf Anne Clark auch massiv eingeschränkt. Eher aus einem nostalgischen Impuls und Neugierde, sowie wegen des unschlagbaren Preises von 6 Euro griff ich jetzt spontan zu. Ein Glücksgriff möchte ich sagen!

Früher wäre ich nicht auf die Idee gekommen, Clarks etwas queren  Sprechgesang und die elektronischen Beats mit Post Punk und Krautrock in Verbindung zu bringen. Ist aber so ... Hört einfach hin! Die an der Melodie vorbei erzählten Geschichten, könnten gebrüllt auch von Johnny Rotten kommen (Würde wahrscheinlich Scheiße klingen, aber wäre vorstellbar.) ... und gerade, wenn man etwas tiefer in den Back-Katalog von Frau Clark einsteigt, lassen sich Kraftwerk und Tangerine Dream als Inspiration kaum verheimlichen. ... und so sind wir direkt auf meiner musikalischen Wellenlänge angekommen ... knapp 40 Jahre nach Erscheinen dieser Platte!


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10 August 2024

Behemoth - "Messe Noire" (2018)

Für mich hat Behomoth in dieser Woche die absolut beste Performance auf dem diesjährigen Party.San-Festival abgeliefert. Seit Jahren ist diese polnische Band eine Black-Metal-Institution. Ich durfte sie jetzt bereits zum dritten Mal live erleben. ...  dämonische, gespenstische, satanische Atmosphäre mit einer ordentlichen Pyro-Show: So feiert man eine "Schwarze Messe" ala Behemoth. Klar kann vorliegendes Live-Album nicht mal ansatzweise die realen Eindrücke wiedergeben, aber es ist für mich immer ein Hilfsmittel solche Momente im Gedächtnis zu behalten. 

P.S.: Wie muss man eigentlich drauf sein, um im erzkatholischen Polen, solche Musik zu machen? Gerüchteweise wird gemunkelt, dass sich Frontmann Nergal mit Anzeigen und einstweiligen Verfügungen die Wände tapezieren könne. 


Behemoth live at Party.San 09.08.2024



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03 August 2024

Wasted Bullet - "Lights Below Sunrise" (2011)

Wir sind immer noch im Urlaub, allerdings von Calais, über Amsterdam, ans IJsselmeer in Holland gezogen. Gern lasse ich mich wieder von der hiesigen Kulturszene inspirieren und gehe gedanklich meinen Plattenschrank nach niederländische Künstlern durch. So sehr ich mich anstrenge, aber ich habe keine Alben, die auf holländisch gesungen werden und Vater Abraham und die Schlümpfe, Mareike Armado oder Rudi Carrell stehen in nächster Zeit nicht zum Kauf an. 
... und so fällt die Wahl zum Album der Woche heute auf "Lights Below Sunrise" einer super sympathischen Band namens Wasted Bullet aus Tilburg. Die durfte ich um 2010 herum live in der Paderborner Kulturwerkstatt erleben. Das Konzert selbst war recht schlecht besucht, was die Band allerdings nicht daran hinderte dort einen Totalabriß zu zelebrieren. Anschließend haben wir mit den sympathischen Jungs noch ein Bierchen gezischt. Jedenfalls hat mich diese erfrischende Art Hardcore ganz ungezwungen und locker aufzuspielen total fasziniert. Die Musikindustrie nennt es Melodic-Hardcore. Naja ... Schublade eben! 
In der Zwischenzeit habe ich mir alle Veröffentlichingen der Band besorgt. Gibt's nur auf CD oder digital. Seit 2015 sind sie wohl leider auch nicht mehr aktiv. Schade! Aber ein Grund mehr, sich diese sympathischen Jungs über die Nominierung zum Album der Woche mal wieder ins Gedächtnis zu rufen. 
Über Bandcamp streamen. Spotify hat es nicht. )

27 Juli 2024

Alcest - "Ècailles De Lune" (2010)

Urlaub - Wir sind in Frankreich, in der Nähe von Calais. Klar, dass sich die Location auf den Gemütszustand und mithin auf meinen Musikkonsum auswirkt. Entsprechend habe ich Alcest rausgekramt, die sich als MP3 auf meinem Handy befinden. Mit ein paar gescheiten InEars geht der Sound schon in Ordnung. 
Ich habe nicht so furchtbar viele französischsprachige Künstler auf dem Schirm, als das ich damit haussieren gehen könnte. Alcest sind damit eher eine Rarität in meinem Plattenschrank. 
Gegründet wurden Alcest bereits 2000 als Black-Metal-Projekt. In ihrer heutigen Weiterentwicklung würde man das was sie tun, als Post Rock bezeichnen. Interessant wird das ganze dadurch, dass sie hin und wieder ihren Black-Metal-Ursprung aufblitzen lassen und ihren ansonsten recht seicht melancholisch dahin plätschernden doomigen Gaze mit Speed und ordentlichen Growls würzen. Einige findige Schlaumeier haben dafür natürlich sofort wieder eine neue Schublade kreiert: "Blackgaze".
Vor zwei Jahren durfte ich Alcest live auf dem PartySan-Festival erleben. Das war großartig! Eher als softe Exoten zwischen den ganzen harten Thrashern und Deathern eingeladen, haben sie das anspruchsvolle Publikum durch ihre Einzigartigkeit locker im Griff gehabt.
Für mich ist "Ècailles De Lune" Alcest bestes Album, muss aber zugeben mich nicht sonderlich gut im Backkatalog der Franzosen aus zu kennen. Grund genug mich vielleicht in dieser Urlaubswoche da nochmal intensiver rein zu graben. 



20 Juli 2024

Syd Barrett - "The Madcap Laughs" (1970)

Über die "Unvollkommenheiten" von Syd-Barrett-Platten hatte ich mich hier schon mal ausgelassen. Trotzdem lagen beide Alben in dieser Woche mal wieder auf dem Plattenteller. Tante Trude aus Buxtehude war zu Besuch. Sie hat zwischenzeitlich ihre musikalische Vorliebe für die frühen Pink-Floyd-Jahre entdeckt und so haben wir warmer Milch mit Honig gefrönt und ausführlich über Syd Barretts Rolle fabuliert. An der Tatsache, dass Syd Barrett in den ersten Jahren der geniale und kreative Kopf von Pink Floyd war, gibt es sicherlich nichts zu rütteln. Seine Solo-Alben hingegen polarisieren stark. Während die einen hier geniale Kunstwerke sehen, sehen andere den traurigen Beleg für Barretts mentalen Verfall. Nach erneutem Hören zählen sich Tante Trude und ich uns zu zweiter Gruppe. Meine Frau ging sogar soweit zu hinterfragen, wer wohl so einen Mist kauft. Damit wurde dann wohl mein eigener mentaler Zustand hinterfragt. Allerdings haben Tante Trude und ich noch eine weitere Rolle in Syd Barrett entdeckt, nämlich die eines ausgezeichneten Comedian. Die Songs auf den Alben sind teilweise so deletantisch eingespielt und produziert, dass wir uns vor Lachen kaum auf unseren Stühlen halten konnten. Bestes Beispiel dafür: "If it's in You".  Das kann kein zufälliges Versehen -, sondern muss Absicht gewesen sein! Zumal David Gilmour und Roger Waters hier als Produzenten in die Bresche gesprungen sind. ... und damit kommen wir wieder zum Genius von Syd Barrett. Wer Alben mit so hohem Unterhaltungswert aufnimmt, muss genial sein. ... und das rechtfertigt dann selbstverständlich auch die erneute Nominierung zum Album der Woche. 


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12 Juli 2024

Yes - "Big Generator" (1987)

Mein gefühltes halbes Leben versuche ich einen Zugang zu Yes zu bekommen. Für jemanden, der dem Progressiv-Rock recht zugetan ist, nicht verwunderlich. Yes ist in diesem Genre eine absolute Institution. Ich war von Yes' virtuosem Spiel und den ausgeklügelten Melodieläufen schon immer sehr fasziniert. Die ersten Takte des Eröffnungs-Riffs von "Owner Of A Lonely Heart" hatten mich sofort gepackt, während ich es als 13-jähriger Milchbart im Radio hörte. 

Allerdings bergen insbesondere die stilprägenden Frühwerke der 1970er Jahre einen hohen Nervfaktor für mich. Bei Platten wie "Fragile" oder   "Relayer", wo echte Fans mit der Zunge schnalzen, habe ich immer irgendwann entnervt aufgegeben. Und so kommt es, dass ich bis jetzt noch kein Yes-Album wirklich durch gehört hatte, geschweige denn eins im Schrank habe. Dieses ausufernde Gefrickele ging mir immer sehr schnell auf den Keks. 

In dieser Woche habe ich mal wieder in mehrstündigen Sessions den Yes-Backkatalog beackert. Dabei bin ich ausgerechnet bei "Big Generator" hängen geblieben, ... ausgerechnet bei jenem Album, was von eingefleischten Yes-Fans massiv verrissen wird. Zu mainstreamig, zu glatt, zu kommerziell,  einfallslos, ohne Tiefgang - sind alles Prädikate die diesem Album anhaften. Tatsache ist, dass "Big Generator" mich als erstes Yes-Album mal so fesseln konnte, dass ich es komplett durch gehört habe. Glücklicherweise muss ich das keinem Yes-Fan erklären. ;-)  ... und so werde ich mit diesem Album die bisher klaffende Lücke in meinem Schrank füllen. Weitere Alben haben sich schon empfohlen. Aber dazu irgendwann in einer anderen Woche mehr. 


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04 Juli 2024

Protector - "Golem" (1988)

In dieser Woche habe ich mich mal wieder von einer nostalgischen Stimmung übermannen lassen. Das Album "Golem" der deutschen Thrash-Instanz Protector hatte ich mir vor genau 35 Jahren als Kauf-Kassette von unserer Abi-Klassenfahrt aus Ungarn mitgebracht. Die Kassette existiert schon lange nicht mehr. ... sehr zu meinem Leidwesen, .... und da mußte jetzt endlich mal würdiger Ersatz her! Natürlich in schwarzem Vinyl. 

"Golem" halte ich für eines der besten Thrashalben überhaupt. Für mich war es immer schon  ein Rätsel, dass Protector nie die Popularität von z.B. Kreator oder Tankard erreicht haben. Es ist über die Maßen beeindruckend, wie die Jungs gleich mit dem Opener "Delirium Tremens" zeigen wo der Hammer hängt. ... und so reiht sich quasi Hit an Hit bis sie sich zum großen Finale "Space Cake" durchgeprügelt haben. Dabei ist "Space Cake" dann wirklich der krönende Abschluß mit einem echten Augenzinkern und Schmunzeln auf den Lippen: "Eat the space cake and feel better, fly into the fourth dimension!" 

In diesem Sinne: Ein schönes Wochenende!


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29 Juni 2024

Giant Lungs - "Giant Lungs" (2023)

"Giant Lungs" ist mein Neuzugang in dieser Woche. Es brauchte wieder mal nur drei Takte damit Band und Album mich gepackt hatten. Aufmerksam wurde ich durch Facebook mit einem Konzerthinweis irgendwo in Süddeutschland. Dabei war das ungewöhnliche Cover-Motiv das erste, was mich neugierig werden ließ. Es erinnerte mich stark an The Black Cat´s Eye. Würde mich wundern, wenn dort nicht der selbe Grafiker seine Hand im Spiel hätte. 

Jedenfalls kommen Giant Lungs aus Augsburg und machen einen ganze starken Mix aus Stoner-, Fuzz- und Dessert-Rock. Wer, wie ich, mit den Truckfighters was anfangen kann wird hier bestens bedient. Dabei wurden Giant Lungs erst 2022 gegründet und legten bereits 2023 mit diesem selbstbetitelten Album ihre erste Veröffentlichung hin. - und was für eine! Ziemlich sicher werde ich mit den Jungs noch sehr viel Spaß haben!


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21 Juni 2024

Venom - "Black Metal" (1982)

In einem Anflug von Nostalgie habe ich mir in dieser Woche die "Black Metal" als 40th Anniversary Edition in den Schrank gestellt. Ich kann gar nicht genau sagen, wieso ich diese gerade auf dem Schirm hatte. Jedenfalls schoss es mir direkt durch den Kopf, dass ich in meiner Sturm- und Drang-Zeit mal eine abgeranzte 90min-TDK-Kassette besessen hatte, auf dessen A-Seite das Venom-Debüt "Welcome To Hell" und auf der B-Seite "Black Metal" aufgespielt war. Eine Raubkopie über fünf Ecken so zu sagen. Mit Fug und Recht kann ich behaupten, dass jene Kassette, mithin eben jene beiden Venom-Alben, meinen Musikgeschmack nachhaltig geprägt haben. Hier bin ich ganz klar zur schwarzmetallischen Richtung abgebogen. Der Begriff "Black Metal" war zu jener Zeit noch gar nicht gebräuchlich, aber sicherlich hat eben jenes Album musikalisch dazu beigetragen, einem ganzen Sub-Genre seinen Namen aufzudrücken. Venom war für mich damals aber auch eine Band die tatsächlich musikalische Eigenständigkeit besaß. Soundmäßig keineswegs glattgeschliffen, wie man es teilweise von den Standard-Bands des Hard Rock/Heavy Metal kannte. Soundmäßig rumpelte das ganz ordentlich und textmäßig ging es um  Hexen,  Teufel, Satan und die Hölle. Sehr schick für einen 15-jährigen Bengel der anders sein wollte. Dabei haben Venom diesen ganzen Evil-Kult um sich immer mit einem guten Maß an Augenzwinkern absolviert, um sich nicht allzu ernst zu nehmen. Nichts ist schlimmer als diesen ganzen Schwarzen-Messe-Kram so zu zellebrieren, dass es unfreiwillig komisch wirkt. Diesen Spagat haben Venom immer gut hinbekommen. 

Mit besagter Musik-Kassette schlugen die ersten beiden Venom-Alben "Welcome To Hell" und "Black Metal" gleichzeitig bei mir ein. Allerdings gefiel mir "Black Metal" immer einen Tick besser. Songstrukturen, Melodien und Sound klangen reifer. (Wenn man hier von Melodie, Sound und Struktur im Zusammenhang mit Reife überhaupt  sprechen kann ;-))). Neben dem Titeltrack sind einige Songs auf der Platte, die ich bis heute aus dem Stand mit grölen kann, zu nennen auf jeden Fall "To Hell And Back", "Buried Alive", "Raise The Dead", "Sacrifice" und natürlich (Introduction zu) "At War With Satan", dem Venom ja später eine ganze LP gewidmet hat.

Im späteren Verlauf gab es noch einige Glanzscheiben wie "Possessed", "At War with Satan" oder "Cast In Stone" aber wie so oft, war auch die Geschichte von Venom musikalisch für mich irgendwann zu Ende erzählt und ich verlor das weitere Interesse. Vor einigen Jahren hatte ich aber nochmal das Glück Venom auf dem Party.San-Festival live zu sehen. Allerdings war das Set eher enttäuschend. Sauber runterspielt, aber eher langweilig ohne mitreißende Impulse. 

Jetzt wo ich gerade etwas ins Plaudern gekommen bin, fällt mir gerade ein, dass das Album-Cover der "Black Metal" als Backpatch sogar den Rücken meiner Kutte ziert (die mir schon längst nicht mehr paßt ;-))).  Also wenn das kein Grund für eine Nominierung zum "Album der Woche" ist, dann weiß ich es auch nicht!


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15 Juni 2024

Supertramp - "Breakfast In America" (1979)

Mein "Album dieser Woche" hat sich weltweit rund 21 Millionen mal verkauft, ist daher in jeder besseren Sammlung zu finden und man braucht eigentlich nicht viele Worte darüber zu verlieren, weil's sowieso jeder kennt. 

Als musikalisches Kind der 1980er Jahre, kam ich an Supertramp damals nicht vorbei. Obgleich ich eigentlich härtere Spielarten der Rockmusik bevorzugte, faszinierte mich an Supertramp ihr ganz eigener Stil. Die satte Instrumentierung, ausgeklügelte und komplexe Songstrukturen, der deutliche Gesang von Rick Davis und Roger Hodgson, ... mit all dem hoben sie sich aus der breiten Masse der damaligen Pop-Musik  ab. Über weite Strecken würde man Supertramp wohl heute dem Progressiv Rock zuordnen, was ja ohnehin eine meine musikalischen Baustellen ist. 

"Breakfast In America" ist mein einziges Supertramp-Album. Leider dreht sich meine Pressung heute nur noch sehr selten und geht häufig bei dem ganzen anderen Zeug unter. Wenn ich's recht überlege, gehört die Platte eigentlich auch meiner Frau. Wir kannten uns noch gar nicht lange und haben auch noch nicht zusammen gewohnt, ... muss also Anfang der 2000er gewesen sein, dass ich die Platte meiner Frau bei einem Flohmarktbesuch aufgeschwatzt habe. Ich selbst hatte davon nur eine Amiga-Kauf-Kassette, die auch schon längst nicht mehr existiert. 

Na ja, ... schön, dass dieser Klassiker in diese Woche mal wieder den Weg auf meinen Dreher gefunden hat. Solche Spontaneingebungen mag ich!


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08 Juni 2024

NENA - "Cover Me" (2007)

Vorliegendes Album habe ich in dieser Woche aus meiner Kuriositäten-Ecke gekramt. Über NENA als Künstlerin brauche ich hier nicht viele Worte verlieren. Als Pop-Ikone der 80er Jahre begleitet mich NENA seit ich mich begonnen habe, für Musik zu interessieren. Wobei ich nie ein riesiger Fan war. Es war eher so, dass ich an NENA nie vorbei kam, sei es weil es damals Anfang/ Mitte der 1980er Jahre in jeder Disco lief und andauernd im Radio gespielt wurde ... oder meine erste große Liebe NENA-Fan war. Heute finden meine Kinder Songs wie "99 Luftballons" toll. ... und so ist NENA eben auch in meinem Platten-& CD-Schrank präsent. 

Vorliegendes Album "Cover Me" ist in sofern kurios, weil sich Frau Kerner hier an ihren eigenen Idolen musikalisch abarbeitet. ... und das tut sie, indem sie die Songs anderer Künstler nicht nur nach singt, sondern auf ihre spezielle "NENA-Art" neu interpretiert. Dabei handelt es sich nach eigenen Angaben sämtlichst um Songs, die "etwas in ihr bewegen", zu denen "es eine intensive Beziehung" gibt.  Erstaunlicherweise kann ich mit den hier neu interpretierten Künstlern und Songs auch sehr gut was anfangen. "Cover Me" ist eine Doppel-CD. Die erste CD beschäftigt sich ausnahmslos mit deutschen Songs wie z. B. von Udo Lindenberg, Ulla Meineke, DAF, IDEAL, um mal einige zu nennen. Auf der zweiten CD sind ausnahmslos englischsprachige Songs von z. B. den Rollings Stones, David Bowie, The Cure, T-Rex oder Peter Gabriel vertreten. Selbst vor Pink Floyd macht NENA nicht halt. Was zunächst wie Blasphemie anmutet, entpupt sich tatsächlich als sehr gekonnte Homage. Von daher hat dieses Album seine absolute Daseinsberechtigung und ich bin froh es zu haben. 

(Das Album gibt es leider weder auf Spotify noch auf Youtube als Stream. Da hilft im Zweifel nur selbst kaufen. Bei eBay und Medimops gibt's noch ein paar preiswerte Exemplare ;-) ) 

01 Juni 2024

Slomosa - "Slomosa" (2020)

In dieser Woche bin ich auf dem Freak Valley Festival in Siegen-Netphen, dem wohl bekanntesten Festival für Stoner-, Desert- und Psychadalic-Rock in Deutschland. Klar, dass ich mir von hier auch ein paar nette "Souvenirs" mitbringe ... und natürlich kommt auch das Album dieser Woche von hier. 

Slomosa habe ich auf dem Schirm, seit ich das LineUp dieses tollen Festivals im letzten Jahr mal "durchgearbeitet" habe. Bei einheimischen Plattendealern war das Album allerdings sündhaft teuer und über Bandcamp bzw. über die Band selbst kommen noch Versandkosten aus Norwegen dazu, die auch ordentlich zu Buche schlagen. Die preiswerteste Bezugsquelle ist damit der Merchstand auf dem Festival. 

"Slomosa" ist bisher das einzige Album dieser norwegischen Band. Es hat mich bereits nach den ersten drei Takten gepackt. ... und das ist das Einzige was zählt!

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Einen Stream des Konzerts auf dem Freak Valley gibt's hier.




25 Mai 2024

Burzum - "Filosofem" (1996)

Das Album dieser Woche habe ich gestern bestellt, obwohl ich es schon sehr lange auf dem Schirm habe. Für mich ist "Filosofem" ein Prototyp eines sehr typischen Black-Metal-Albums, welches die Vielfältigkeit dieses Genres sehr überzeugend darlegt. Dabei bin ich mir der Problematik um die Band Burzum  absolut bewußt. 

Burzum ist das Ein-Mann-Projekt von Varg Vikernes, der Anfang der 1990er Jahre in Norwegen mehrere Kirchen niedergebrannt und seinen damaligen Mayhem-Bandkollegen Euronymous ermordet hat. Soviel zu den geschichtlich und gerichtlich belegten Tatsachen, die sich sehr eindrucksvoll in "Lord Of Chaos" im Spielfilmformat nachschauen lassen. Damit ist hinsichtlich Vikernes' Geisteszustand und seiner Persönlichkeit schon mal ein ziemlich klares Statement gesetzt. Diese Taten sind abscheulich und weder zu tolerieren noch zu akzeptieren und schon mal gar nicht zu glorifizieren. Im weiteren Verlauf wird Varg Vikernes mit seiner Hinwendung zu einer neuheidnischen Weltanschauung auch rechtsradikales Gedankengut vorgeworfen. Tatsächlich ist es nicht an mir Varg Vikernes' Weltanschauung zu be- oder verurteilen, solange sie sich im gesetzlichen und sozialen Rahmen bewegt. Soviel ich weiß, sind gegen Vikernes keine weiteren gerichtlichen Verfahren wegen politischer oder weltanschaulicher Themen anhängig. Auch Vikernes' Veröffentlichungen, sprich alle Burzum-Platten, sind uneingeschränkt zugänglich und frei verkäuflich. Soweit ich das überblicken kann, beschäftigen sich Burzums Songs mit Themen aus der Mythologie, der Interpretation von Märchen, nordischer Kultur und Naturschauspielen. Politische oder gar rassistische Aussagen sind dagegen nicht zu finden. Erstaunlicherweise werde ich allerdings bei der Eingabe des Suchbegriffs "Burzum" bei Facebook direkt darauf hingewiesen, dass dieser Suchbegriff "mit Aktivitäten gefährlicher Personen und Organisationen in Verbindung gebracht werden könnte" und das dies im Weiteren zur Sperrung meines Accounts führen könnte. Selbst das Ignorieren diverser weiterer Drohungen führt mich nicht zu Suchergebnissen die Burzum betreffen. Ich werde mir also sehr gut überlegen, ob ich jemals unter der Rubrik #NowPlaying poste, dass ich gerade eine Burzum-Platte höre. Auch das Tragen eines Burzum-T-Shirts dürfte einem gesellschaftlichen Selbstmord gleich kommen. ... und genau hier habe ich ein Problem: Solang nicht ein Richter sagt, dass ich bestimmte Sachen nicht tun darf, sollte sich das auch niemand anderes anmaßen oder mich gar dafür verurteilen. Das ist mein Grundverständnis von Freiheit und Toleranz und die offensichtliche Missachtung dieser Grundprinzipien durch diese gesellschaftliche Zensur, die sich hier eingebürgert hat, geht mir absolut gegen den Strich! 

Spätestens seit Venoms "At War With Satan" bin ich der schwarz-metallischen Kunst durchaus sehr zugetan. Dabei beeindruckt mich weniger das wütende, hochstimmige Gekeife und schnelle Geknüppele mancher Genre-Vertreter sondern die unglaubliche musikalische Vielfalt, die im Black Metal steckt. ... und genau hier greift "Filosoferm" an und trifft meinen Nerv genau an der richtigen Stelle. Die ersten drei Songs sind sowas von "Metal": extrem trockene, knarzige Gitarren; extrem verzerrter Gesang (wurde mit dem Mikro eines Headsets aufgenommen); flache, dumpfe Drum und ein Synthesizer im Hintergrund für die düstere Atmosphäre. Das Riffing ist extrem monoton, fast schon langweilig, aber beim genaueren Hinhören und mehreren Durchläufen erschließen sich immer neue Fassetten und Unterspiele, so dass das sehr spannend ist. Am fünften Song "Rundgang ..." scheiden sich die Geister dann völlig. Dieses 25-Minuten-Epos ist dann wohl auch eher ein Ambiente-Stück wie es beispielsweise Brian Eno nicht hätte besser bringen können. Mit Metal hat das dann tatsächlich auch nichts zu tun, wertet diese Platte aber für mich unglaublich auf. Abgeschlossen wird das Album mit "Gebrechlich II", welcher diesen einzigartigen Mix aus düsterem Metal und Ambiente nochmal beeindruckend herausstellt und abrundet. 

Wenn man sich auf dieses Album einläßt und nicht vorverurteilenden Schwachsinn aus unserer Medienlandschaft aufsitzt, wird man hier ein wahres Kunstwerk finden. 


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18 Mai 2024

Daily Thompson - "Chuparosa" (2024)

In dieser Woche küre ich das "Album der Woche" quasi direkt mit Erscheinen. "Chuparosa", das neue Album von Daily Thompson erschien gestern und ich besitze es seit Mittwoch. Wie das? Nun, Daily Thompson spielten ein hervorragendes Set als Vorband zu Brant Björk am Mittwochabend in Bielefeld. Dabei habe ich das neue Album direkt aus den Händen von Mercedes Lalakakis - der Sängerin und Basserin - am Merch-Stand erworben (zwei Tage vor offiziellem Erscheinen!!!).

Daily Thompson habe ich ja schon länger als hervorragende Stoner-Heavy-Psych-Noise-was auch immer- Band  auf dem Schirm. Ihr Vorgänger-Album "God Of Spinoza" gehört zu meinen absoluten Lieblingen. Mercedes Lalakakis äußerte sich sehr gespannt, wie wohl das neue Album ankommen würde. Tatsächlich ist "Chuparosa" ein lupenreines Grunge-Album geworden und damit eher eine Homage an die Größen des Gengres wie Pearl Jam oder Alice In Chains. Dazu habe ich dann auch schon Vorwürfe des Aufgußes von altem Wein in neuen Schläuchen gehört. Kann man natürlich so sehen. Allerdings macht die Band auch keinen Hehl aus ihrem musikalischen Kniefall und erwartet hier sicherlich auch keine Innovations-Preise. Es gibt sicherlich Schlimmeres als sich musikalisch von Pearl Jam oder Alice In Chains inspirieren zu lassen. Schlimm wäre nur, wenn sich Daily Thompson auf diesem Sound ausruhen würden, was aber bei dem musikalischen Potenzial der Band echt nicht zu erwarten ist. ... und so ist "Chuparosa" das was es ist, nämlich ein ziemlich geiles Seattle-Grunge-Ding  mit einer ordentlichen Daily-Thompson-Note. 


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11 Mai 2024

Godsleep - "Coming Of Age" (2018)

Das Album dieser Woche nominiert sich wieder mal aufgrund eines denkwürdigen Konzertbesuches. Die griechische Stoner-Rockband Godsleep spielte am Dienstag im Forum in Bielefeld. Wobei Stoner als Stilbeschreibung für die Musik der Band hier ganz klar zu kurz greift. Godsleep bedienen genauso den doomigen Metalbereich und brechen sogar hin und wieder sehr ordentlich ins Noisige aus.  Dabei zelebriert die "hyperaktive" Sängerin Anne Makris live eine One-"Women"-Show und hält ihre drei männlichen Mitstreiter an Gitarre, Bass und Schlagzeug eher im Hintergrund, was denen ganz Recht zu sein scheint. Anne Makaris erinnert mich in ihrem Wesen ein wenig an Sandra Nasic von den Guano Apes. Jedenfalls war das Konzert eine absolute Wucht!

Godsleep kenne ich vom LineUp des diesjährigen Freak Valley Festivals, für das ich Karten ergattern konnte. Entsprechend habe ich mich im Vorfeld ein wenig mit den Bands beschäftigt, die dort auftreten werden. Godsleep wird für mich persönlich einer der Hauptacts werden. Der musikalische Stil trifft meinen Nerv ziemlich genau. 

Das Album "Coming Of Age" ist das mittlere von dreien. Das Debüt "Thousend Sons Of Sleep" von 2010 kenne ich nicht. Die aktuelle Platte "Lies To Survive" von 2023 war mein eigentlicher Favourit. Als ich dann aber zum Merch-Stand der Band kam, griff ich schlichtweg zum falschen Album. Ein Glücksfall wie sich rausstellte. "Coming Of Age" ist nämlich ansonsten mittlerweile vergriffen, so dass ich hier wohl eins der letzten Exemplare ergattern konnte. In der Summe ist "Coming Of Age" stoniger als "Lies To Survive", welches wesentlich noisiger und moderner daher kommt. Beide Platten haben ihren Reiz, so dass ich meinen "Fehler" dadurch kompensiert habe, direkt "Lies To Survive" hinterher zu bestellen. Aber dazu vielleicht mal in einem späteren Blog-Eintrag. 

Erstmal freue ich mich riesig auf Wiedersehen beim Freak Valley Festival am letzten Mai-Wochenende. 



01 Mai 2024

Eric Clapton - "Unplugged" (1992)

Ich liebe Unplugged, ... also Musik, der wirklich der Stecker gezogen wurde - Musik, die mit rein akustischen Instrumenten interpretiert wird. Für mich ist das Musik in Reinform. 

Vorliegendes Unplugged-Album ist für mich eines der Besten seiner Art. Zum Künstler selbst - Eric Clapton "Mr. Slowhand" braucht nichts weiter gesagt werden. Er prägt seit Jahrzehnten mit unzähligen Songs die Rock- und Blues-Musik und beherrscht sein Instrument - die Gitarre, erst recht die Akustik-Gitarre, wie es nur wenige können. Dazu eine weiche, runde Stimme - beruhigend, einschmeichelnd, sanft - also im wahrsten Sinne akustisch. Damit haben wir die besten Zutaten für "handgemachte" Musik überhaupt. ... und seine Stärken spielt Meister Clapton auf vorliegendem Album voll aus. Dazu kommt eine großartige Aufnahme und Produktion der Platte. Glücklicherweise habe ich hier auch eine 1A-Pressung erwischt. Man hört tatsächlich das Anschlagen und Schwingen der Gitarren-Saiten sowie das leichte Scratchen der Finger beim Umgreifen auf dem Griffbrett. Phantastisch! Dazu kommt die Auswahl der Titel: Songs wie "Tears In Heaven",  "Layla" oder "Old Love" treiben mir schon in ihrern normalen Studioversionen das Pippi in die Augen, - in ihren akustischen Versionen ist dann alles zu spät! ... und so muss Musik sein: Musik muss wirken, ... sie muss irgendwas in mir auslösen, sonst brauche ich sie nicht!


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